Südosteuropäisch-bulgarisches Kulturinstitut (Methodiuszentrum) in Ellwangen
Die traditionellen bulgarisch-deutschen Beziehungen finden eine besondere Fortsetzung und Weiterentwicklung durch die Gründung des Südosteuropäisch-Bulgarischen Kulturinstituts in Ellwangen. Diese gemeinsame Initiative vereinigt die Ideen und Bemühungen des bulgarischen Ministeriums für Kultur und der Stadt Ellwangen, unterstützt von der gemeinsamen Regierungskommission „Bulgarien – Baden-Württemberg“.
Das Methodiuszentrum, wie das Kulturinstitut in Ellwangen auch genannt wird, ist eine Filiale des bulgarischen Kulturinstituts in Berlin. Träger ist das bulgarische Ministerium für Kultur. Der Sitz des Instituts und seiner Bibliothek befindet sich im historischen Palais Adelmann.
Gründung und Geschichte
- 04.11.2010: Gründung des Kulturinstituts durch die gemeinsame Regierungs-Kommission „Bulgarien – Baden-Württemberg"
- 19.-21.01.2011: Arbeitstreffen der Regierungen von Bulgarien und Baden-Württemberg, von Ellwangern und Universitätsprofessoren der Universität Tübingen. Hierbei wurde beschlossen, die Räumlichkeiten im Palais Adelmann in Ellwangen als Sitz und Ort für das Südosteuropäisch-bulgarische Kulturinstitut zu belegen.
- 2011: Ausstattung der Institutsbibliothek mit Werken der Universität St. Kliment Ohridski in Sofia, der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften und der Archivabteilung der Staatsagentur
- 10.08.2012 und 24.07.2017: Verträge zwischen dem bulgarischen Kulturinstitut in Berlin und der Stadt Ellwangen für die Belegung der Räume im Palais Adelmann
- 03.04.2013: Einbeziehung des Kulturinstituts in die Donau-Strategie, Achse Nr. 3 „Kultur, Tourismus und Gesellschaftsbeziehungen“
- 2018: Anknüpfung des Bibliotheksbestandes des Instituts an die Osteuropaabteilung der Bayerischen Staatsbibliothek in München
Aufgaben und Arbeitsbereiche
Das Institut fördert eine enge Zusammenarbeit mit Bulgarien und Deutschland im Bereich der Kultur. Gefördert werden dabei Kenntnisse und Erfahrungen mit Kunst, Geschichte und Traditionen Bulgariens. Durch Informationen und Veranstaltungen soll ein facettenreiches Bild über die Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft in Bulgarien vermittelt werden. Das Institut arbeitet intensiv in partnerschaftlich-interkulturellem Dialog mit weiteren Instituten in Süddeutschland, Mittel- und Südosteuropa. Somit ist das Südosteuropäisch-bulgarische Kulturinstitut in Ellwangen ein Ansprechpartner für alle, die sich nicht nur aktiv für Bulgarien, sondern auch für die Kunst, Literatur, Forschung und Wissenschaft im Südosteuropa interessieren.
Die Tätigkeit des Instituts sieht unterschiedliche wissenschaftliche Bildungs- und Kulturveranstaltungen vor, die sowohl für Experten im Bereich der Kunst, Musik, Geschichte, Archäologie, Mediävistik, Theologie, Literaturwissenschaft, Archivwesen und Pädagogik, als auch für die allgemeine Bevölkerung gedacht sind:
Schwerpunkte sind neben der jährlichen Ehrung des Methodiustags in Ellwangen die Begegnungen zwischen bulgarischen und deutschen Instituten, Verbänden NG-Organisationen und Vereinen sowie einzelnen Forschern, Künstlern und Intellektuellen, aber auch die Präsentation bulgarischer Kultur und die Förderung bulgarisch-deutscher und europäischer Zusammenarbeit. Schwerpunkte sind praxisbezogene Kunstwerkstätten, Ausstellungen, wissenschaftliche Projekte und Konferenzen, Bildungsseminare, Konzerte, Buchpremieren, Theater- und Filmvorführungen, sowie öffentliche Vorträge zu Themen wie Bildung, Gesellschaft und Kultur.
Das Südosteuropäisch-bulgarische Kulturinstitut, hl. Methodius und Ellwangen
Den historischen Bezug des Slavenapostels von Thessaloniki hl. Methodius (+885) zur Stadt Ellwangen findet man seit den 1960er Jahren in der wissenschaftlichen Diskussion. In der orthodoxen Kirche wurde Methodius erst um 12. Jh. kanonisiert und in dieser Zeit entstanden die ältesten bekannten hagiographischen Werken über ihn. Für die Westkirchen ist diese Tradition relativ neu. Erst 1980 erklärte Papst Johannes Paul II. die Brüdern Kyrill und Method zu Schutzpatronen Europas.
In Ellwangen begann die Methodiusverehrung um 1970 mit der Enthüllung eines Gedenkreliefs, das vom Ellwanger Bildhauer Hans Scheble anlässlich „1100 Jahre von der Verurteilung von Methodius auf der Kirchensynode von Regensburg“ geschaffen wurde. Neben dem Relief brachte man 1975 eine von der Regierung Bulgariens gestiftete Bronzetafel zur Ehrung des hl. Methodius als Schöpfer der slavischen Schrift an. Durch eine Bürgerinitiative folgte 1978 die Gründung des St. Methodiusvereins e.V. mit der Errichtung eines Methodiuskellers in Ellwangen. 1982 wurde der Platz bei der Passage unter dem Schwurgericht in Methodiusplatz umbenannt und 1983 entstand ein weiteres historisches Bild, das Methodius in seiner Klosterhaft zeigt und das bei der Innenausstattung der Heilig-Geist-Kirche in Ellwangen 1983 von Sieger Köder in den Glasfensterzyklus eingefügt wurde. Die Verehrungstradition des hl. Methodius in Ellwangen seitens der bulgarischen Christen zog auch Tschechen, Slowaken, Slowenen und Griechen in die Stadt. 1985 wurde eine zweite Methodius-Tafel in der Kirche St. Wolfsgang angebracht.
Den Höhepunkt erreichte die Methodiustradition in Ellwangen 1987 mit der Errichtung einer Kapelle in einer der alten Befestigungstürme der westlichen Stadtmauer und deren Innenausstattung mit einem Proskynetarium. Wie die Widmungstafeln an der Außenwand der Kapelle besagen, entstand die Gebetstätte auf Anregung der Stadt Ellwangen, der bulgarischen Regierung und der bulgarischen orthodoxen Kirche.
Der Bezug des hl. Methodius zur Stadt Ellwangen ist nicht gesichert, doch literarische Quellen über das in Zusammenhang mit seiner Gefangenschaft um 870-873 gebrachte Benediktinerkloster von Ellwangen (764-1460) lassen indirekt auf einen zweieinhalbjährigen Aufenthalt in der Stadt schließen. Nach dem Tod seines Bruders Kyrill in Rom 869 unternahm Methodius im Auftrag von Papst Hadrian II. eine Reise als Bischof von Sirmium und Mähren nach Pannonien. Hier sollte er den Gottesdienst in einer für die Slaven verständlichen Schriftform übermitteln. Das ostfränkische Episkopat verurteilte Methodius 870 aufgrund seiner Missionstätigkeit im Großmährischen Reich auf einer Synode in Regensburg in Anwesenheit Königs Ludwig des Deutschen (843-876). Nach seiner Freilassung durch Papst Johannes VIII. (872-882) kehrte Methodius 873 als Erzbischof nach Großmähren wieder zurück. Nach seinem Tod 885 wurde als Nachfolger sein deutscher Hauptgegner, Bischof Wichting von Neutra gewählt, der alle sieben Methodius-Schüler aus dem Großmährischen Reich vertrieb. Sie begaben sich in das Bulgarische Reich (681-1396), wo sie die Übersetzung des Gottesdienstes in slavischer Schrift, das Glagoliza (vom Verb „glagolit“, sprechen) fortsetzten.
Die Bibliothek des Kulturinstituts (Methodiumszentrum)
15.04.2011: Gründung und Ausstattung der Institutsbibliothek mit Ausgaben der Universität St. Kliment Ohridski in Sofia, der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften und der Archivabteilung der Staatsagentur
2017-2018: Ausdehnung des Bibliotheksbestandes mit monographischen Zeitschriftenreihen des nationalen archäologischen Instituts mit Museum in Sofia
2018: Anschluss der Institutsbibliothek mit der Osteuropaabteilung der Bayerischen Staatsbibliothek zur Fernleihe.
Der Bibliotheksbestand beinhaltet über 1000 Werke zu Kunst, Kultur und Sprache Bulgariens unter anderem aus den Fachgebieten klassische und christliche Archäologie und Kunstgeschichte, Mediävistik, slavische Philologie und Geschichte Südosteuropas.
Die Werke sind in deutscher, bulgarischer, griechischer und russischer Sprache abgefasst und reichen von 1901 bis in die heutige Zeit.
Zu der Bibliothekssammlung gehören Nachlässein Form digitaler Kopien, (z.B. der Nachlass des bulgarischen Theologen und Erzpriester Prof. Dr. Ivan Goschevs (1896-1965) aus dem Archiv der bulgarischen Akademie der Wissenschaften), Archivmaterialien (z.B. Arbeitsmaterialien der I. gemeinsamen internationalen Konferenz des Kulturinstituts mit dem Forschungszentrum „St. Kirill und Methodius“ der Akademie der Wissenschaften Sofia und der Universität Tübingen, Ellwangen 25.-26.05.2011), digitales Bildmaterial (Grabungsdokumentation sowie Fotoausstellungen des Nationalen archäologischen Instituts mit Museum Sofia, Bildaufnahmen christlich-mittelalterlicher Kunstdenkmäler in Bulgarien, Griechenland und Athos, Albanien, Mazedonien und Serbien), Ausstellungskataloge zur Archäologie, bulgarische Zeitschriften (Archaelogia, Arheologiceski otkritia i raskopki, Balgarska arheologia, osteuropastudien), monographische Reihen (historische Dokumente aus dem Staatsarchiv zu Sofia, Studien der Universität St. Kliment Ohridski Sofia, Studien des Kyrill-Methodius-Forschungszentrums der bulgarischen Akademie der Wissenschaften), Jahrbücher und wissenschaftliche Periodik des Nationalen archäologischen Instituts mit Museum in Sofia u.a.
Nutzung der Bibliothek
Die Bibliothek bietet folgende Benutzungsmöglichkeiten an:
- Fernleihe durch den OPAC-Katalog der Bayerischen Staatsbibliothek
- Benutzung vor Ort (der Lesesaal ist auf Benutzung von WLAN mit eigenen Geräten und 12 Sitzplätzen begrenzt)
- Die Ausleihe nach Hause ist auf Anfrage in Kopie möglich