






Geschichten zum Kalten Markt
Statistik und Wissenswertes vom „Kalten Markt“
Der Kalte Markt in Ellwangen war seit seinem Beginn ein Markt, der - soweit erkennbar - Händler und Handwerker aus der weiteren Umgebung anzog, so z.B. aus der Stadt Dinkelsbühl 1591: 5 Hutmacher, 1 Gerber, 6 Tuchmacher, 4 Loderer, 3 Kürschner. Daneben stand der An- und Verkauf von Vieh im Mittelpunkt. Noch 1930 wurden 1484 Stück Vieh auf dem Markt aufgetrieben, von denen 231 Stück in 20 Bahnwaggons angekommen waren. Dagegen gingen 796 Stück Vieh in 105 Bahnwaggons ab. Dieser Abtransport beweist, welche starke Rolle Ellwangen in der Schlachtviehversorgung weiter entfernter Gebiete gespielt hat.
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Die Rahmenbedingungen für den Kalten Markt im Kriegsjahr 1945 sind denkbar schlecht. Potenzielle Käufer stehen entweder an der Front oder in anderweitigem Arbeitseinsatz. Die meisten Pferde sind längst für den Kriegsdienst ausgehoben, so dass sich das Angebot auf Fohlen und trächtige Stuten beschränkt. Transportprobleme, drohende Fliegerangriffe und das Verbot aller öffentlichen Lustbarkeiten legen nahe, die Veranstaltung ausfallen zu lassen. Bürgermeister Koelle spricht sich jedoch für die Wahrung der Tradition aus. So wird also im Dezember 1944 beschlossen, den Kalten Markt „der Zeit entsprechend“ abzuhalten. Wegen der zunehmend unsicheren Luftlage wird wenige Tage vor dem Markt auch noch die Stutenprämierung abgesagt. [Gemeinderatsprotokoll Ellwangen, Bd. 75 S. 235f, 251f]
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Nicht alle Zeitgenossen waren von dem regen Markttreiben in der Stadt angetan, vor allem diejenigen nicht, die nebenan arbeiten mussten. Die Beamten am Landgericht fühlten sich während des Kalten Marktes anno 1864 von einer „Menagerie-Bude“, die man ihnen buchstäblich vors Fenster gestellt hatte, gestört und schickten gleich am nächsten Tag einen Beschwerdebrief an das Stadtschultheißenamt. Der „durch Pauken und sonstige Manipulationen“ verursachte Krach sei diesmal so schlimm gewesen, „dass die Fenster zitterten und in den Zimmern das Arbeiten und das Abhalten von Sitzungen beinahe unmöglich gemacht“ worden sei. Die Stadt möge „solche geräuschvollen Schaustellungen“ in unmittelbarer Nähe der Behörden künftig verbieten. [Stadtarchiv A IV 15/4]
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Im 19. Jahrhundert gehörten fahrende Kuriositätenkabinette und Tierbuden ganz selbstverständlich zum Kalten Mark dazu. Anno 1860 wurde im „Amts- u. Intelligenzblatt für den Jaxt-Kreis“ eine ganz besondere Sensation angekündigt: „Jack, der große Königselephant“. Der indische Elefantenbulle beeindruckte durch „2½ Ellen lange Stoßzähne und außerordentliche Dressur“ und kam bis aus Innsbruck zum Kalten Markt nach Ellwangen. Von diesem Dickhäuter stammt vermutlich auch die erstmals für 1870 belegte Bezeichnung „Elefantenstall“ für den Grünbaumkeller an der Freigasse, weil dort einmal ein Elefant untergestellt gewesen sein soll. Das Tier zog zwar nach wenigen Tagen wieder weiter, doch im Volksmund ist der Elefantenstall geblieben. [Amts- u. Intelligenzblatt für den Jaxt-Kreis 7.1.1860; Ellwanger Jahrbuch Bd. 41, S. 569]
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1824 erwartete Ellwangen hohen Besuch. Allerhöchsten, um genau zu sein, denn der König hatte sich zum Kalten Markt angekündigt und blieb dafür sogar über Nacht. Natürlich musste Wilhelm, der am 11. Januar abends gegen halb sechs beim Steinernen Tor eintraf, gebührend empfangen werden. Allen Bewohnern der Marienstraße war befohlen worden, Kerzen in die Fenster zu stellen und alle vorhandenen Lampen anzuzünden. Es dürfte ein schöner Anblick gewesen sein. Um seine Majestät noch mehr zu beeindrucken, griff man tags darauf die alte Tradition des Pferdeumritts wieder auf. Alle in der Stadt befindlichen Marktpferde mussten – wie zu Fürstpropsts Zeiten – in einem großen Umzug vorgeführt werden. Unter Androhung von Strafe hatten die Gastwirte dafür zu sorgen, dass sich keiner der bei ihnen logierenden Pferdehändler mit seinen Tieren davor drückte. So bot man dem Landesherrn ein besonderes Spektakel, das erst ab 1840 wieder zu einem festen Bestandteil des Kalten Marktes wurde.
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Bürgermeister Rothmaier machte 1957 der Marktkommission den Vorschlag, Personen, die sich über lange Zeit und in besonderer Weise um den Kalten Markt verdient gemacht haben, künftig mit einer Auszeichnung zu ehren. Eine schöne Idee, doch ganz neu war sie nicht: Schon 1928 wurde das Ellwanger Urgestein Max Mayer für seine humoristischen Einlagen geehrt, die er fünf Jahrzehnte lang mit Elan zum Besten gegeben hatte. Mayer bekam damals eine bronzene Medaille verliehen, die eigens für ihn angefertigt worden war. Wie gut, dass die alten Prägestempel bei der Stuttgarter Firma Mayer & Wilhelm die Zeit überdauert hatten! Daher ließ der Gemeinderat kurzfristig 20 Medaillen bestellen, von denen die ersten gleich im kommenden Januar während des traditionellen Frühschoppens verliehen wurden. Die Kalter-Markt-Medaille war geboren.